10.02.2021

Von der Grafikerin zur Behindertenbegleiterin

Katharina Pfeiffer ist 24 Jahre jung und absolviert gerade die Ausbildung zur Fachsozialbetreurin Behindertenbegleitung an der Schule für Sozialbetreuungsberufe des Diakoniewerks in Gallneukirchen.

Katharina ist gelernte Grafikerin, hat sich aber aus unterschiedlichen Gründen dafür entschieden, den Job in einer Werbeagentur an den Nagel zu hängen und im Sozialbereich neu durchzustarten. Warum sie sich für die Veränderung entschieden hat, erzählt sie im Interview.

 

Ich habe 2015 nach der Matura ein freiwilliges soziales Jahr 2015 gemacht und das hat mir damals schon sehr gut gefallen, ich war mir aber unsicher, welchen Ausbildungsweg ich einschlagen sollte, da ich viele Interessen habe. Ich habe mich dann für eine Ausbildung zur Grafikerin entschieden und relativ schnell bemerkt, dass mir der Sozialbereich abgeht, ich wieder mit Menschen arbeiten will und u.a. nicht tagtäglich vor dem Computer sitzen möchte.

 

Warum Diakoniewerk?

Fürs Diakoniewerk hab ich mich entschieden, weil ich hier schon Berührungspunkte durch mein freiwilliges soziales Jahr und die jährliche Gestaltung der Schülerzeitung der Martin Boos Landesschule hatte. Die verschiedenen Einrichtungen, Mitarbeiter*innen, Schule und Lehrkräfte haben mir auch damals sehr zugesagt. Man wird wertgeschätzt und es herrscht ein respektvoller, empathischer Umgang miteinander. Außerdem habe ich viele Bekannte, die ebenfalls diese Ausbildung hier gemacht haben oder/und hier arbeiten und habe sehr viele positive Eindrücke vermittelt bekommen.

 

Wie konntest du in den Sozialbereich einsteigen?

Aufgrund von privaten Problemen in meinem vorherigen Berufsfeld und meinem damit einhergehenden Veränderungswunsch hat mir das AMS eine Förderzusage gegeben. Ich hatte das Glück, die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Implacementstiftung  (www.syncare.at) zu erfüllen. Da ich bereits u.a. eine eigene Wohnung und damit einhergehende Fixkosten habe, wäre es finanziell ohne dieses Modell sehr schwierig, wenn nicht sogar unleistbar geworden, eine neue Ausbildung zu machen.

Ich mache die Ausbildung über die Diakonie Implacementstiftung in Gallneukirchen (Implacement | Syncare). Die Stiftung bietet eine persönliche Beratung und Begleitung und Unterstützung während der gesamten Ausbildungsdauer. Man bekommt umfassende Informationen zur Ausbildung, erstellt gemeinsam einen Bildungsplan (wann gehe ich zur Schule, wann arbeite ich, wo arbeite ich, etc.) und erhält einen ausbildungsbedingten Zuschuss von monatlich 200€, ein Schulungsarbeitslosengeld durch das AMS während der Ausbildungsdauer und auch die Ausbildungskosten werden vom Land OÖ übernommen.

 

Wie sieht dein Schul- und Arbeitsalltag aktuell aus?
Aktuell befinde ich mich, was die Schule betrifft, im Home-Office. Wir haben Online-Unterricht, das funktioniert ganz gut. Trotzdem freuen wir uns schon wieder darauf gemeinsam und vor Ort in der Klasse zu sitzen und wieder „persönlich“ am Unterricht teilnehmen zu können.
 

Bezüglich meines Arbeitsalltags: ich arbeite in der Macherei, eine von vier Werkstätten der Kunstwerkstatt des Diakoniewerks, in Gallneukirchen (im Haus Bethanien, direkt neben der Schule für Sozialbetreuungsberufe und im selben Haus, wie z.B. auch Syncare und Kowalski). Das Tolle ist, dass ich hier sowohl meiner Herzenstätigkeit – nämlich der Arbeit mit Menschen nachgehen als auch meine Grafikerskills einbauen kann.

 

Gemeinsam mit meinem Kollegen und den Mitarbeiter*innen mit Behinderung begleite ich die gesamte logistische Abwicklung des Online-Shops – wie die Bearbeitung der eingehenden Bestellungen, die Verpackung der Waren und den Versand sowie die Verwaltung des Lagerbestands. Zu den Aufgaben der Macherei zählen auch die Produktfotografie, Botengänge im Sozialraum, Dienstleistungen für interne und externe Systempartner und die Unterstützung der Gruppen im Haus. Auch in der Werkstätte freuen wir uns schon sehr auf „corona-befreite“ Zeiten: ohne Masken, ohne Abstand, wieder mit mehr Nähe und Unternehmungsmöglichkeiten.
 

Wie gefällt dir die Ausbildung im Diakoniewerk?

Ich liebe die Abwechslung zwischen Theorie (Schule) und Praxis (Arbeit). Es war definitiv die richtige Entscheidung, diese Ausbildung zu machen, ich fühle mich glücklich, ausgeglichen und angekommen.

 

Was macht dir an der Arbeit mit Menschen mit Behinderung Spaß?

Was mir besonders an dieser Arbeit gefällt ist es, Menschen mit Behinderung dort unterstützen und fördern zu können, wo sie es brauchen. Es sind Menschen wie du und ich, denen teilweise einfach nur das Werkzeug fehlt, um am alltäglichen Leben teilzunehmen. Ich sehe mich in meiner Arbeit mehr als „persönliche Assistentin“ als als „Behindertenbetreuerin“ – ich möchte dort unterstützen, wo Ressourcen „fehlen“ und wo meine Hilfe als Ausgleich zu einem z.B. eingeschränkten Bewegungsapparates dient. Ich empfinde die Arbeit mit Menschen mit Behinderung als eine enorme gegenseitige Bereicherung, man lernt und wächst miteinander. Außerdem hat Zwischenmenschlichkeit nichts mit Können oder Leistung zu tun, ich möchte mit meiner Arbeit einen kleinen, aber wichtigen Teil zur Inklusion und zum Abbau von Ab- und Ausgrenzung beitragen.
Denn jeder Mensch hat seinen Wert und seinen Platz in der Gesellschaft – jeder hat seine Stärken und Schwächen, lasst uns gemeinsam unsere Stärken nutzen und unsere Schwächen akzeptieren und Hilfe annehmen, wo wir sie benötigen.

 

Was ist für dich das Besondere am Diakoniewerk?

Was ich am Diakoniewerk toll finde ist, dass die verschiedenen Abteilungen eng miteinander zusammenarbeiten. Die Produkte z.B. werden in den verschiedenen Werkstätten des Diakoniewerks von Menschen mit Behinderung produziert, über den Online-Shop vertrieben und gemeinsam versandbereit gemacht. Auch mit externen Produzenten oder Künstlerinnen und Künstlern arbeiten wir zusammen, was das Konzept der Inklusion (anstatt von Abkapselung) wieder begünstigt.

 

Wie sehen deine weiteren Pläne aus?

Ich möchte meine Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin in der Behindertenbegleitung abschließen und danach dann gleich noch das Diplom machen. Außerdem spiele ich mit dem Gedanken auch noch die Ergänzungsausbildung "Sozialpsychiatrie" zu machen. Aber alles Schritt für Schritt – wer weiß, was noch alles kommt  ...

 

Mehr zu den unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten im Diakoniewerk.